Bürgerinitiative für den Erhalt unseres Naherholungsgebietes Korbach sowie des Naturparks Diemelsee
Erwiderung zum offenen Brief der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Korbacher Stadtparlament:
Wir sind darüber erschüttert, dass die Partei der Grünen, die einmal für den Schutz von Mensch und Natur gekämpft hat, die großflächige Zerstörung unserer nordhessischen Wälder durch bis zu 200 m hohe Windkraftanlagen (WKA) massiv unterstützt! Die Energiewende, so wie sie derzeit konstruiert ist, kann nicht funktionieren. Strom aus Windkraft und Solarenergie ist „Flatterstrom“, der nur zur Verfügung steht, wenn ausreichend Wind weht und/oder die Sonne scheint. Leider gibt es im Laufe eines Jahres etliche Tage und Nächte mit Flaute und ohne Sonne. Dann muss der Strom durch konventionelle Kraftwerke erzeugt werden. Die Folge ist eine massive Zunahme der Kohleverstromung und damit des CO2-Ausstoßes. Die ca. 25000 WKA, die wir in Deutschland schon betreiben, haben noch kein Gramm CO2 eingespart. Das liegt neben der Sicherstellung der Grundlast durch Kohlekraftwerke am europaweiten CO2-Zertifikate-Handel, der dazu führt, dass jedes Gramm CO2, das wir einsparen, woanders in Europa in die Luft geblasen wird. Auch weitere 20 WKA in Korbach werden diese Probleme nicht lösen, sondern weiter verschärfen, denn an guten Wind- und Sonnentagen speisen schon die bisher gebauten Anlagen zu viel Strom in unser Netz ein, der dann zu Dumping-Preisen ans Ausland verkauft wird – oft sogar zu einem „Negativ-Preis“, d.h. der Stromkunde bezahlt das Ausland dafür, dass sie uns unseren überflüssigen Strom abnehmen, damit nicht das ganze Netz zusammenbricht. An windschwachen Tagen dagegen kaufen wir Atomstrom aus Tschechien und Frankreich ein, weil wir sonst im Dunkeln sitzen würden.
Während also die wesentlichen Ziele der Energiewende, nämlich eine sichere, bezahlbare und umweltschonende Energieerzeugung, durch die aktuelle Konstruktion nicht erreicht werden, werden unsere Wälder durch WKA zerstört. Das Ausmaß dieser Zerstörung ist zum Beispiel im Soonwald in Rheinland-Pfalz zu beobachten, wo riesige Schneisen geschlagen wurden, um die 3500 Tonnen Beton, die das Fundament eines Windrades benötigt, in den Waldboden zu versenken. Eine WKA benötigt 6000 bis 10000 qm Waldfläche (0,6 – 1 ha) – Fläche, ohne die erforderlichen Zuwegungen, die Pflanzen und Tieren als Lebensraum entzogen wird und deren Bäume bis zu 9 Tonnen CO2 im Jahr speichern könnten. Die Gefährdung der Anwohner von WKA ist noch völlig unzureichend erforscht. Die Ärztekammer für Wien stellte fest, dass sich "bei Anrainern von Windkraftanlagen Beschwerden durch übermäßige und vor allem niederfrequente Schallentwicklung und Infraschall häufen". Umfassende Untersuchungen hinsichtlich etwaiger gesundheitsschädlicher Auswirkungen seien unabdingbar. Betroffene Anwohner berichten von ernsthaften medizinischen Problemen wie Kopfschmerzen, Nasenbluten, Schlaflosigkeit, Schwindel und Leistungsabfall. Das droht auch uns Korbacher Anwohnern, wenn die Pläne des Regierungspräsidiums Kassel Wirklichkeit werden. Dann wird es auch nicht bei 20 Windrädern bleiben, wie die Grünen meinen – die vorgesehenen Flächen sind so dimensioniert, dass wir eher mit 60 Großwindanlagen rechnen müssen!
Zurückzuweisen ist auch die Behauptung, Schall und Infraschall aus WKA sei in 600 m Entfernung nicht mehr wahrnehmbar. Die Emissionen von WKA stören noch in 10 km Entfernung seismische Messungen, so dass in der Nähe von Erdbebenwarten keine WKA gebaut werden dürfen! Auch das menschliche Innenohr reagiert auf Infraschall, obwohl wir ihn bewusst nicht wahrnehmen. Wir nehmen aber auch andere Gesundheitsgefahren nicht bewusst wahr, z.B. Röntgenstrahlen oder Kohlenmonoxid in der Atemluft. Trotzdem können sie uns schädigen! Die Besonderheit von Infraschall sind seine großen Wellenlängen. Daher bieten Gebäude keinen Schutz – im Gegenteil, in Innenräumen ist sogar mit einer Verstärkung des Infraschalls zu rechnen.
Dass in der Vergangenheit die Ausweisung weiterer Schutzgebiete in unseren Wäldern verhindert wurde, bedauern wir sehr; wir sind aber nicht dafür verantwortlich. Allerdings ist das gesamte Gebiet des Naturparks Diemelsee Landschaftsschutzgebiet – soll diese wertvolle Natur- und Kulturlandschaft Opfer einer verkorksten Energiewende werden? Außerdem ist ein Gebiet nicht nur dann schützenwert, wenn es offiziell als Schutzgebiet anerkannt wurde, sondern aufgrund seiner schutzbedürftigen Pflanzen und Tiere! Unsere Wälder und Kulturlandschaften sind Brut- Rast- und Nahrungsgebiet für zahlreiche wertvolle, zum Teil vom Aussterben bedrohte Arten wie Rotmilan, Schwarzmilan und Schwarzstorch, um nur die auffälligsten zu nennen. Allein in Brandenburg werden pro Jahr mehr als 300 Rotmilane durch WKA getötet. Wenn die Windkraftpläne verwirklicht werden, sind sie auch bei uns akut bedroht.
Daher fordern wir, in unseren Wäldern keine WKA zu bauen und unsere Natur- und Kulturlandschaft für Mensch und Tier zu erhalten. An die Bundespolitik appellieren wir, den sinnlosen Zubau von WKA zu stoppen und die Energieversorgung sicher, bezahlbar und verträglich für Mensch und Natur zu gestalten.
Für die Bürgerinitiative für den Erhalt unseres Naherholungsgebietes Korbach sowie des Naturparks Diemelsee:
Dr. Michael Stiehl, Korbach-Rhena, 29.04.2015